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Die neue Realität der Produktionsimmobilien

Die Megatrends sind schon lange da und sie erfordern Anpassungen: Globalisierung und Digitalisierung führen zu mehr Wettbewerb und erzwingen Veränderungen bei Industrieunternehmen und produzierendem Gewerbe jeder Art. Die kürzer werdenden Innovationszyklen haben zur Folge, dass die Produktpalette von Unternehmen stetig angepasst, individualisiert und in vielen Fällen um zusätzliche Serviceangebote erweitert werden muss. Der Produzent wird zusätzlich zum Berater. Als nächster wichtiger Schritt steht für zahlreiche Firmen der Wandel zur „Smart Factory“ an: Dabei sind sämtliche Produktionsschritte und -mittel digital miteinander verknüpft. Dies wiederum ermöglicht einen größtmöglichen Grad an Automatisierung und Transparenz bei der Produktion.

Für Immobilienunternehmer waren die Auswirkungen auf das eigene Produkt lange nicht zu erkennen. Doch seit einigen Jahren äußert sich der Transformationsdruck der Unternehmen in Flächenbedürfnissen, die immer

Autor: Dr. Joachim Wieland, CEO Aurelis Real Estate GmbH

Für die Vermieter kommt es vor allem auf Flexibilität an

Wie groß die Investitionen in anstehende Umbau- und Anpassungsarbeiten ausfallen, zeigte vor einigen Jahren eine Studie von Prof. Dr. Andreas Pfnür. In den kommenden zehn Jahren planen Nutzer demnach, mehr als die Hälfte aller Gewerbeflächen im Bestand anzupassen oder sogar auszutauschen.

Vor diesem Hintergrund ist eine größtmögliche Flexibilität wichtig: Entwickler und Asset Manager sollten ihre Flächen zügig verändern können, beispielsweise von der Produktionshalle zum Lagerraum oder zur Backoffice-Einheit. Die Pfnür-Studie belegt, dass diese Anpassungsfähigkeit der Immobilien noch vor dem Kostenfaktor den wichtigsten Aspekt für Unternehmen darstellt.

Ein entscheidendes Kriterium dafür, wie flexibel eine Produktionsimmobilie ist, ist ihre Drittverwendungsfähigkeit: Je spezifischer der Baukörper auf die Nutzungspräferenzen eines einzelnen Mieters zugeschnitten ist, desto schwerer und damit kostenintensiver gestaltet sich die Nachvermietung – wobei die Drittverwendbarkeit vieler Immobilien in der Realität zumeist eher unterschätzt wird. Die Produktionsprozesse von heute und morgen manifestieren sich in mietereigenen Anlagen, die Immobilie ist hierfür häufig nur eine intelligente und hochwertige Hülle.

Neben der baulichen Flexibilität kommt es auch auf die zeitgemäße Mietvertragsgestaltung an: Mieter aus der Industrie und dem produzierenden Gewerbe bevorzugen häufig kurz laufende Mietverträge mit anschließender Verlängerungsoption. Der aktuelle Marktbericht der Initiative Unternehmensimmobilien verweist zudem auf abnehmende Mietvertragslaufzeiten. Wenn jedoch das Vermietungsmanagement rechtzeitig auf die wechselnden Flächenbedürfnisse der Mieter reagiert, kann nach wie vor eine hohe Standorttreue und faktisch lange Nutzungsdauer erreicht werden.

Neue Standorte sind gefragt

Genau wie die Flächenkonfigurationen ändern sich die relevanten Standortfaktoren für moderne Produktionsimmobilien. Mit den neuen, nicht störenden Fertigungsmethoden verschwindet das Klischeebild der „rauchenden Schlote“. In der Folge kann die Produktion immer näher an die Städte heranrücken. Ein großer Vorteil, da eine gute Verkehrsanbindung sowie die örtliche Nähe zu Arbeitnehmern und Kunden inzwischen als wichtigste Standortfaktoren gelten.

Dies hat zur Folge, dass vor allem in den wachstumsstarken Speckgürteln am Rande der Metropolen neue Flächen entstehen oder in die Jahre gekommene Bestandsflächen revitalisiert werden. Der Prognos-Branchenprognose aus dem November 2020 zufolge erleben derzeit insbesondere die Umlandgemeinden von Metropolen dynamische Wachstumsschübe, da sie Vorteile des städtischen und des ländlichen Raums kombinieren. Für Industrieunternehmen bedeutet das: Sowohl die nötige Infrastruktur als auch ausreichendes Arbeitskräftepotenzial sind vorhanden. Daher verwundert es nicht, dass der Flächenbedarf an den Metropolrändern bis 2030 gemäß einer weiteren Pfnür-Studie um durchschnittlich fünf Prozent zunehmen wird.

Integrierte Lösungsansätze werden immer wichtiger

Genauso, wie sich das Leistungsspektrum in der Industrie und im produzierenden Gewerbe wandelt, muss auch die Immobilienbranche als Reaktion vielseitigere Geschäftsmodelle entwickeln, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Der branchentypische fragmentierte Ansatz, bei dem Entwicklung, Vermietung und Bewirtschaftung von Produktionsimmobilien durch unterschiedliche Akteure erfolgt, ist zwangsweise mit Schnittstellenverlusten verbunden. Um diese Komplexität zu vermeiden, präferieren Nutzer die Leistung „aus einer Hand“.

Daher sollten die inhaltlichen Abgrenzungen der Immobilienunternehmen zugunsten eines integrierten Ansatzes überwunden werden. Ein Asset Manager, der beispielsweise die Projektentwicklung in sein Leistungsspektrum integriert, diversifiziert nicht nur seine Einnahmequelle – er kann Mieterinnen und Mietern zudem ein höheres Maß an Flexibilität bieten und auf veränderte Flächenbedürfnisse schnell reagieren. Hinzu kommt, dass er die Objekte im Bestand konsequent weiterentwickeln sowie eine Projektpipeline aufbauen kann. Die Anforderungen an die Organisation eines integrierten Immobilienunternehmens sind höher, werden bei erfolgreicher Umsetzung aber zu einer erhöhten Nutzernachfrage führen.